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„Sexy Frauen“ in „Ernst-Kuzorra-seine-Frau-ihr-Stadion“

Kwesi_Nyantakyi2Lieber Kwesi Nyantakyi. Ist es wahr, du willst, nein: du musst „sexy Frauen in unsere Arenen bringen“? So zitierte dich, deines Zeichens Präsident des Fußballverbands von Ghana, die Süddeutsche Zeitung am letzten Samstag. Frauen und Fußball. Wem würden da nicht spontan Sprüche einfallen wie „Das Grüne ist der Rasen und das Runde der Ball!“ Weltenbummler-Trainer Rudi Gutendorf – war der nicht auch einmal bei euch Nationalcoach? – meinte zum Thema: „Im Bett kann eine Frau herrlich sein. Auf dem Fußballplatz wird sie mir aber immer schrecklich vorkommen.“

Pin-Up-Girl bei Franz KellerFranz Kellers UrinalKennst du, lieber Kwesi, Franz Keller. Der betreibt auf dem Kaiserstuhl ein Weingut und das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Lokal „Schwarzer Adler“. Er fühlte sich offenbar inspiriert von deiner ghanaischen Sicht auf die Fußball-Dinge. In der Herrentoilette seiner schicken „KellerWirtschaft“ lächelt einem – auf einem Fußball sitzend – eine nackte Blondine entgegen. „Haben wir nicht so viele“, wirst du jetzt vermutlich denken. „Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“, fiel mir dazu ein, als ich urinierend neben dem Old-School-Pin-Up stand. Ob Noch-FIFA-Chef Joseph Blatter dies so gemeint hat? Als Ghanaischer Fußballverbandschef hast du das offenbar so ähnlich interpretiert wie der Wein-Franz. Und willst nun gezielt attraktive Frauen in die Stadien bringen, um dem Zuschauerschwund im ghanaischen Fußball entgegenzuwirken. Sind die Frauen erst mal da, „werden die Männer ihnen von ganz alleine folgen“, gibst du dich, lieber Kwesi Nyantakyi überzeugt. Als würden die Männer wegen den Frauen in die Stadien strömen. Ich jedenfalls nicht. Ein spannendes und einfaches Spiel, das Anfeuern der eigenen Mannschaft, die Zugehörigkeit zum VfL Bochum, die Stadionatmosphäre, darum ist Mann hier. Und Frau zunehmend auch. Fast vier von zehn Stadionbesucher in Deutschland sind weiblich. Webseiten wie www.herthafreundin.de gibt es nicht mehr. Dort gab es Schminktipps, Kochrezepte – aber keine Tabelle! Und selbst das scheinbar nette Neandertal-Video der Sportschau gehört seit langem der Vergangenheit an.

Wozu das geführt hat, fragst du, lieber Kwesi HSV_TrikotsNynatakyi? Nun, wir sind Weltmeister! Mal ehrlich, Kwesi: würdest du die rosa und himmelblauen Trikots als Spieler tragen oder auch nur als Fan ertragen wollen, die uns in den siebzigern Jahren HSV-Präsident Peter Krohn zumutete, weil er glaubte, „diese Farben gefallen den Frauen“?

HalstücherMänner in StrumpfhosenP1100241Klar, optisch ließe sich die Fankluft noch aufhübschen. Mein Vorschlag: Halstücher für Frauen und Männer und bunte Strumpfhosen in Vereinsfarben nur für Männer. Wie beim Palio in Siena. Der steht sicher nicht im Verdacht, besonders weibisch zu sein. Die Anhänger von Bayer Leverkusen aber auch nicht. Wie ich weiß, seit ich vor einigen Jahren mal mit dem Bus nach Berlin fuhr. Wir waren schon halb weggedöst, da grölten plötzlich mehrere Bass- und Baritonstimmen von den hinteren Sitzreihen: „Wir haben Schwänze und steh’n auf Busen, wir sind die Fans von Bayer Leverkusen!“ Das nervte zunehmend. Bis sich in der Busmitte schließlich ein weiterer Fanblock bildete und höhnisch erwiderte: „Wir steh’n auf Schwänze und nicht auf Busen, wir …“ Ja schon richtig, Kwesi Nyantakyi: das entsprach natürlich nicht der political correctness. Aber lustig war es schon, in die verdutzten Leverkusener Gesichter zu blicken. Es würde jedoch auch niemand ernsthaft auf die Idee kommen, das Design von Fanassecoires den sexuellen Präferenzen der Fans anzupassen, oder?

Fußball verbindetWeil es darauf nicht ankommt, Kwesi! Bitte denke darüber noch mal nach. Mache deinen Fußball sexy. Und wundere dich nicht, wenn dann künftig die Accra Inter Allies eine „Uschifront“ haben (oder wie eure Frauen mit Vornamen heißen) oder Fanclubs auf Namen wie „Accra-Tussen“ hören. Stelle dich auch darauf ein: am Ende wollen die Mädels noch selbst kicken. Da helfen nicht einmal alte Voodootänze. Das Stadion kann ja trotzdem so heißem wie du. Denn wie gab schon unser Alt-Bundespräsident Johannes Rau auf die Frage, ob Fußballstadien nicht auch nach Frauen benannt werden sollten, zu bedenken: „Und wie soll dann bitte so ein Stadion heißen? Vielleicht Ernst-Kuzorra-seine-Frau-ihr-Stadion?“ Und frag jetzt bitte nicht, wer Ernst Kuzorra war!